Panzer-Toni dreht durch
Wie die vermeintlich schöne Seele mit ihrem Rechtsbewusstsein der eigenen Vortrefflichkeit zum hartherzigen Kriegstreiber wird, der Putin nicht verstehen, sondern nur hassen kann, lässt sich an dem Politiker Anton Hofreiter studieren, der sich den Spitznamen „Panzer-Toni“ redlich verdient hat. Keine Waffen mehr an die Ukraine zu liefern, würde bedeuten, dieses Land „einem faschistoiden System zum Fraß“ vorzuwerfen, lässt uns dieser intime Kenner der russischen Seele an seinem Insider-Wissen teilhaben.[1] Er weiß nämlich ganz genau, dass Russland in der Ukraine Krieg führt, damit „die russische Armee in der gesamten Ukraine morden und vergewaltigen“ kann. Nachdem „Panzer-Toni“ mit dieser Aussage Fahrt aufgenommen hatte, stellte er die Frage, ob irgendjemand wirklich wollen könne, dass „für billiges Erdgas … in der Ukraine Kinder vergewaltigt werden“, schließlich kennt Hofreiter ja die pädophile Natur des Russen. Dies wäre nämlich das Schicksal der Ukraine, wenn diese nicht mehr mit Waffen unterstützt und wieder Erdgas aus Russland gekauft würde.
Da könnte einer doch sonst jederzeit mit der Nazi-Keule aufwartenden Person wie Herrn Hofreiter schon einmal einfallen, dass er sich mit solchen Aussagen der Methoden des Nationalsozialismus bedient, der den Juden Ritualmorde an Kindern nachsagte. Aber Nazis sind bei diesem Herrn immer nur die anderen, weswegen er ja auch ein faschistoides System nur in Russland zu entdecken vermag, keineswegs in der Ukraine, die sich laut der Zeitschrift profil vom 24. 3. 2014[2] ja sogar dann noch um Minderheitenschutz bemüht habe, als die russische Minderheit offiziell zum Feind erklärt und verfolgt wurde. Bekanntlich gilt es in der Ukraine auch als Gesetz, dass Selenskij als Jude sozusagen von Natur aus kein Faschist sein könne, was wohl schon deshalb stimme, weil in der Ukraine nur Russen und keine Juden diskriminiert worden sind. Für Herrn Hofreiter, der Populisten gerne vorwirft, dass sie mit einfachen Lösungen für schwierige Probleme die Menschen verführen würden, ist die Sache hier nämlich ganz einfach: Der böse Russe will Krieg und gehört mit allen Mitteln bekämpft, schließlich hat ja schon Deutschlands ehemaliger Bundespräsident Joachim Gauck die Parole ausgegeben, dass ein bisschen Frieren für die Freiheit wohl verlangt werden könne.
Den Einwand von Oskar Lafontaine, dass man auch mit US-Präsident Biden nicht sprechen dürfte, wenn die Ermordung unschuldiger Menschen in kriegerischen Unternehmungen das Kriterium wäre, weist „Panzer-Toni“ ironischerweise als „naiv“ zurück. Naiv und infantil ist nämlich vielmehr die Vorstellung, dass der Zweck eines Krieges darin bestehe, möglichst viele Menschen zu vergewaltigen, zu foltern und zu ermorden. Sofern nicht die Vernichtung einer als Feind und Ungeziefer betrachteten Bevölkerung der Kriegszweck ist, der nur einer paranoiden Geisteshaltung entspringen kann, ist ein Krieg nämlich nichts weiter als ein Mittel zur Durchsetzung politischer Ziele. Diese Ziele würden die beiden Kriegsgegner auch gerne ohne den militärischen Aufwand eines Krieges durchsetzen, wenn ihre Interessen aber einen unversöhnlichen Gegensatz darstellen, nehmen sie auch Krieg für deren Durchsetzung in Kauf. So nüchtern darf man den Krieg Russlands aber in den Augen moralisch herausragender Persönlichkeiten wie unseres „Panzer-Toni“ nicht sehen, denn dann könnte ja auch eine Verhandlungslösung angesichts eines Feindes in den Blick kommen, der in seiner Unmenschlichkeit als Vergewaltiger von Kindern wohl nur Vernichtung verdient habe. Interessant ist an diesen Aussagen des Herrn Hofreiter auch der Umstand, dass hier niemand rassistischen Hass und Hetze erkennen will, sich dieser feine Herr also keine Sorgen darüber machen muss, wegen Volksverhetzung strafrechtlicher Verfolgung ausgesetzt zu werden. Hassreden sind nämlich nur dort anzutreffen, wo deren Objekt unter staatlichem Schutz steht, während es gefährlich werden kann, solchen Hass dort nicht zu zeigen, wo dieser als Gebot des Anstands gilt. Wer die Hetze gegen Russland als Kriegstreiberei kritisiert, läuft daher Gefahr, der Verharmlosung von „Kriegsverbrechen“ bezichtigt zu werden. Das ist wirklich praktisch, denn wenn solche „Kriegsverbrechen“ von Verbündeten ausgehen, so sind sie natürlich die Schuld des davon betroffenen Feindes, der unschuldige Menschen als Schutzschild benutzen würde, die dann eben leider als Kollateralschaden zu beklagen seien.
Zum Abschluss ist noch eine Bemerkung zur Politik der Grünen, zu denen ja unser „Panzer-Toni“ gehört, angebracht. Diese haben sich ja vor allem in ihren Anfängen als Pazifisten verstanden oder zumindest präsentiert, während sie spätestens seit Joschka Fischers Einsatz für die Bombardierung Serbiens gar nicht genug „Frieden“ durch erfolgreichen Einsatz militärischer Gewalt stiften können. Und das ist nur eine Konsequenz des Pazifismus, auch wenn es zunächst als dessen Gegensatz erscheint. Wer sich nämlich die Herrschaft des Friedens zum Zweck macht, kommt unvermeidlicherweise irgendwann zu der Einsicht, dass dafür der Einsatz überlegener oder siegreicher Gewalt notwendig sei. Schließlich lässt diese Zwecksetzung ja die Ursachen, die zu Krieg motivieren, außer Acht, diese bestehen also weiterhin so lange, bis sich einer der Kriegsgegner durchgesetzt hat und der Feind vernichtet oder zumindest entwaffnet ist. Umgekehrt wäre es, wenn es keine unversöhnlichen Interessengegensätze gäbe, dann gäbe es auch keinen Anlass für Krieg und es wäre vollkommen überflüssig, sich den Zweck der Durchsetzung von Frieden zu setzen. Weit vernünftiger, als Frieden zu fordern, ist es daher, sich mit den Interessen der Kriegsgegner zu befassen. Dieses Unterfangen könnte zu der Erkenntnis führen, dass deren unversöhnlicher Gegensatz gar nicht „alternativlos“ und notwendig, sondern das Resultat einer bestimmten Gesellschaftsordnung ist, die den Konkurrenzkampf zum Prinzip allen Lebens erkoren hat.
[1] JackReveal: Panzer Toni SCHREIT Oskar Lafontaine an. Sein schlimmster Auftritt!!, https://www.youtube.com/watch?v=vtGb2j83a20, aufgerufen am 29. 5. 2024
[2] Profil: Ihr tut Putin unrecht! Russland. Intellektuelle, Politiker und Künstler verteidigen Putins Ukraine-Politik: ein Faktencheck, in: profil, 24. 3. 2014
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